Unterstützung des Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty

Der Gemeinderat möge beschließen:  Die Stadt Mannheim erklärt sich zur Unterstützerin der Initiative für einen Nichtverbreitungsvertrag für fossile Energien (The Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty). Die Verwaltung kommuniziert diese Unterstützung öffentlich auch gegenüber der Landes- und der Bundesregierung.

Die Stadt Mannheim setzt sich in allen Gremien, in denen sie vertreten ist, für eine Unterstützung der Initiative und ihrer Ziele durch andere Städte, Regionen und Akteure ein.

Über die bisher gefassten Beschlüsse, den mit der Nutzung fossiler Energien verbundenen CO2-Ausstoß durch Maßnahmen zur Einsparung von Energie, zur Steigerung der Effizienz und zum Ausbau Erneuerbarer Energien so schnell und soweit wie möglich zu senken, hinaus wird die Verwaltung aufgefordert, bei der Planung von Maßnahmen und insbesondere Infrastrukturmaßnahmen zur Nutzung fossiler Energieträger künftig auch zu berücksichtigen, dass diese nicht dazu führen, dass die Nutzung fossiler Energien in Mannheim oder auch an anderen Orten zeitlich verlängert wird.

 

Begründung:

Seit Jahren gibt es weltweit und auch in Deutschland lebensbedrohende Veränderungen wie extreme Hitzewellen, Überschwemmungen, langanhaltende Dürren, Eisschmelze an Polen und Gletschern, Auftauen von Permafrostböden und den Anstieg des Meeresspiegels durch die globale Erwärmung. Die Hauptursache für die Klimakrise sind fossile Brennstoffe. Kohle, Öl und Gas sind für fast 80 % aller Kohlendioxidemissionen seit der industriellen Revolution verantwortlich.

Immer mehr Menschen, Kommunen, Organisationen und Staaten beginnen zu erkennen, dass ein noch nie dagewesenes Ausmaß an nationaler und internationaler Kooperation erforderlich ist, um die Weiterverbreitung von fossilen Brennstoffen zu verhindern, aus den existierenden Beständen und Infrastrukturen auszusteigen und einen gerechten und friedlichen Übergang zu sichereren und saubereren Energie-Alternativen zu beschleunigen.

So wie die Welt vor fünfzig Jahren einen Vertrag brauchte, um die Bedrohung durch nukleare Massenvernichtungswaffen zu entschärfen, braucht die Welt heute einen Vertrag zur Nichtverbreitung fossiler Energien.

Die Initiative „The Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty“ (www.fossilfueltreaty.org) setzt sich, anknüpfend an den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag, für drei zusammenhängende Ziele ein, um den Ausstieg aus den fossilen Energien und einen gerechten Übergang zu beschleunigen:

  1. Nichtverbreitung: Verhinderung der Verbreitung von Kohle, Öl und Gas durch Beendigung aller neuen Exploration und Produktion.
  2. Ausstieg aus bestehenden fossilen Brennstoffreserven: Gerechter Plan für den Abbau der bestehenden Produktion fossiler Brennstoffe, bei dem die Länder, die über die Kapazitäten und die historische Verantwortung für den Emissionsabbau verfügen, am schnellsten vorankommen und die anderen Länder weltweit unterstützen.
  3. Gerechter Übergang: Schnelle Umsetzung echter Lösungen und ein gerechter Übergang in eine nicht-fossile Zeit für jeden Menschen, jede Gemeinde und jedes Land.

In seinem wegweisenden Beschluss vom 23. März 2021 hat das Bundesverfassungsgericht das „verfassungsrechtliche Klimaschutzziel des Art. 20a GG […] dahingehend konkretisiert, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur dem sogenannten Paris-Ziel entsprechend auf deutlich unter 2°C und möglichst auf 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.“

Laut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (Net Zero by 2050 – A Roadmap for the Global Energy Sector) vom 26. Mai 2021, der ersten Studie der IEA zu einem 1,5°C-kompatiblen Energiepfad, besteht „kein Bedarf mehr für Investitionen in die neue Bereitstellung von fossilen Energien“ in dem erstellten Net-Zero-Szenario. Weitere Investitionen in den Ausbau der fossilen Energien erhöhen damit angesichts eines für das 1,5°C-Limit begrenzten CO2-Budgets das Risiko, dass im Sinne des BVerfG-Urteils „zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde.“

Finanzinvestor*innen, Versicherungen und andere mit einem Finanzvolumen von etwa 15 Billionen US-Dollar haben bereits in großem Stil begonnen, sich aus der Finanzierung fossiler Energien zurückzuziehen (https://gofossilfree.org/divestment/commitments/). Die Umwelt-minister*innen der G7-Staaten haben sich in ihrer Erklärung vom 21. Mai 2021 dazu verpflichtet, die Finanzierung von Kohlekraftwerken in anderen Ländern bis Ende 2021 auslaufen zu lassen.

Der Gemeinderat hat im November 2022 mit dem Klimaschutzaktionsplan beschlossen, dass die Stadt Mannheim in Bezug auf die CO2-Emissionen im Jahr 2030 klimaneutral (Netto-Null) sein soll (V535/2022). Im Klimaschutzaktionsplan der Stadt Mannheim werden konkrete Maßnahmen benannt, um dieses Ziel zu erreichen.

Ergänzend dazu sind weitere konkrete Schritte diesbezüglich zu identifizieren und umzusetzen (u.a. durch Bevorzugung nicht-fossilbasierter Energienutzung bei allen relevanten Entscheidungen, Nichtausweisung von Infrastruktur zur Nutzung fossiler Energien etc.). Damit könnte Mannheim zu einem Best-Practice-Beispiel für einen kommunalen Umstieg in ein nichtfossiles Zeitalter und eine kommunale Klimaneutralität werden.

Mannheims Unterstützung der Initiative wäre ein starkes Signal. Damit würde sich die Stadt in eine Reihe klimapolitisch progressiver Städte wie Vancouver (als erste Stadt überhaupt), Los Angeles (als erste US-amerikanische Stadt), Barcelona (als erste europäische Stadt) und Bonn (als erste deutsche Stadt) einreihen. Mit Heidelberg hat sich bereits eine Stadt in Baden-Württemberg der Initiative angeschlossen. Darüber hinaus wird die Initiative von mehr als 2700 Organisationen aus der ganzen Welt unterstützt. In einem von mehr als 100 Nobelpreisträger:innen unterzeichneten Brief fordern diese, die neue Ausweitung der Öl-, Gas- und Kohleförderung im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu beenden, aus der bestehenden Öl-, Gas- und Kohleförderung auf faire und gerechte Weise unter Berücksichtigung der Verantwortung der Länder für den Klimawandel und ihrer jeweiligen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen auszusteigen sowie die Umstellung auf 100 % Zugang zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen und dabei auch abhängige Volkswirtschaften bei der Diversifizierung von fossilen Brennstoffen zu unterstützen.

In Tübingen wurde ein fast gleichlautender Antrag interfraktionell von der Klimaliste, der Linken, den Grünen, der SPD und der CDU gestellt. Auch in Mannheim wäre die Unterstützung der Initiative für einen Nichtverbreitungsvertrag für fossile Energien eine konsequente Ergänzung der bisherigen Beschlüsse und Maßnahmen zur Klimapolitik und Klimaneutralität bis zum Jahre 2030.