Offener Brief an OB Specht wg. Wagen-Ausschluss auf Fasnachtsumzug 2. März

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

wir wenden uns mit diesem Offenen Brief, den wir auch veröffentlichen und an die Presse versenden, an Sie mit folgendem Anliegen:

Mit sehr großer Irritation mussten wir der lokalen Presse am 23. Januar entnehmen, dass die städtische VTM „in Absprache mit der Stadt“ einen Motivwagen aus Köln mit der karnevalistischen Satire zu rechtsextremen Kreisen einschließlich AfD nicht reparieren und auf dem Mannheimer Fasnachtsumzug einsetzen wird. Begründet wird dies gegenüber der Presse mit dem besonderen politischen Neutralitätsgebot, an das sich auch eine städtische Gesellschaft halten müsse.

Nun findet der Mannheimer Fasnachtsumzug am Sonntag dem 2. März statt – also eine Woche nach der Bundestagswahl. Daher können wir die Begründung der politischen Neutralität vor Wahlen in diesem Fall überhaupt nicht nachvollziehen, wenn die Wahl zu diesem Zeitpunkt vorbei ist und daher die Karenzzeit nicht mehr gilt.

Fasnachtsumzüge und die dort teilnehmenden Wagen sind bekannt dafür, dass die aktuelle Politik oder gar einzelne Politiker:innen satirisch dargestellt werden. Angesichts der aktuellen politischen Situation in Europa und den USA finden wir die Darstellung auf dem Motivwagen gerechtfertigt. Der Ausschluss satirischer Darstellungen in derber Form widerspricht ausgesprochen der Fasnachts-Tradition!

Daher bitten wir Sie, uns folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wer hat wann die Entscheidung getroffen, dass der besagte Wagen nicht am Fasnachtsumzug teilnehmen darf?
  2. Wer veranlasste die rechtliche Prüfung und wer führte diese durch? Was ist das Ergebnis der rechtlichen Prüfung?
  3. Wieso wurde dies nicht den Aufsichtsratsmitgliedern der VTM vorab kommuniziert?
  4. Werden andere Wagen und Paradegruppen mit politischen Motiven und Botschaften ebenfalls untersagt?
  5. Erfolgt diese Art der Negativ-Auslese auch bei künftigen, durch die VTM ausgetragenen Fasnachtsumzügen?

Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.


Die wir auch bekommen haben. Das ist die Antwort des Oberbürgermeisters:

Der Fasnachtsumzug in Mannheim findet traditionell am Fasnachtssonntag statt, der in diesem Jahr auf den 2. März fällt. In unmittelbare zeitliche Nähe zur Fasnacht ist für Sonntag, 23. Februar, die Bundestagswahl vom Bundespräsidenten angesetzt worden.

Die Entscheidung der Veranstaltungen – Tourismus – Marketing: Mannheim erleben GmbH (VTM), den auf dem Transport nach Mannheim beschädigten Wagen nicht zu reparieren und zu zeigen, wurde bereits Mitte Januar von den beiden Geschäftsführungsmitgliedern getroffen und mit dem Rechtsamt der Stadt abgesprochen. Wie bei solchen operativen Entscheidungen vorgesehen, wurde diese ohne Beteiligung des Aufsichtsrats getroffen.

Die Entscheidung der Geschäftsführung ergibt sich aus der Verpflichtung zur gesteigerten politischen Neutralität, die vor Wahlen für Organe, Amtsträger und Beschäftigte von Städten und Gemeinden gilt. Der Kölner Karnevalswagen bezieht sich auf eine einzelne politische Partei, deren Logo dort auch zu sehen ist. Die Nutzung eines solchen Wagens mit parteipolitischem Inhalt durch die städtische Tochtergesellschaft VTM und vorangehende Diskussion kann eine neutralitätsrechtlich relevante Wirkung bereits in der Vorwahlzeit entfalten.

Wie Sie wissen, ist die VTM ein Tochterunternehmen der Stadt Mannheim und veranstaltet 2025 erstmals den gemeinsamen Fasnachtsumzug der Städte Mannheim und Ludwigshafen, der bisher in Mannheim von der „Karneval-Kommission Mannheim e.V.“ durchgeführt wurde.

In Köln … [auf Bitte OB-Büro keine Veröffentlichung wg. Namensnennungen, für Mannheim auch irrelevant]

Auf dem Mannheimer Umzug können Fasnachtsvereine – im Gegensatz zur städtischen Veranstaltungsgesellschaft – selbstverständlich auch weiterhin Persiflagen auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen und Ereignisse zeigen, auch entsprechende Wagen und Gruppen von Vereinen sind wie bisher möglich. Ebenso selbstverständlich wird sich die VTM selbst als städtisches Tochterunternehmen auch weiterhin politisch neutral verhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Specht
Oberbürgermeister