Soziale Verträglichkeit der Wärmewende sicherstellen

Der Gemeinderat möge beschließen:

  1. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit der MVV ein kommunales Förderprogramm „Sozialverträgliche Wärmewende Mannheim“ zu entwickeln, das ergänzend zu bestehenden Bundes- und Landesförderprogrammen speziell Härtefälle unterstützt.
  2. Es wird ein „Härtefallfonds Wärmewende“ eingerichtet, aus dem einkommensschwache Hauseigentümer:innen, Senior:innen mit geringem Einkommen und andere besonders belastete Personengruppen Zuschüsse für die Umrüstung ihrer Heizungsanlagen erhalten können.
  3. Die MVV wird beauftragt, spezielle Contracting-Modelle für einkommensschwache Hauseigentümer:innen zu entwickeln, bei denen die Investitionskosten vorfinanziert und über die Energieeinsparungen refinanziert werden.
  4. Die bestehenden Beratungsangebote der Klimaschutzagentur und der MVV werden ausgeweitet und niedrigschwelliger gestaltet. Insbesondere sollen regelmäßige Beratungstermine für Berufstätige in den Abendstunden nach Feierabend (bis 20 Uhr) sowie an Samstagen angeboten werden. Zudem sind dezentrale Beratungsangebote in den verschiedenen Stadtteilen einzurichten und aufsuchende Beratungen (u.a. für mobilitätseingeschränkte Personen) anzubieten. Um eine niedrigschwellige, qualifizierte Energieberatung zu gewährleisten, muss die personelle Ausstattung der Klimaschutzagentur in der Energieberatung verbessert werden.
  5. Das bestehende kommunale Darlehensprogramm in Zusammenarbeit mit lokalen Kreditinstituten muss inklusive vergünstigter Zinsen für energetische Sanierungsmaßnahmen unbedingt fortgeführt werden.
  6. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, quartiersbezogene Sanierungskonzepte zu entwickeln, die durch gebündelte Maßnahmen Kostenvorteile schaffen und die Belastung für einzelne Eigentümer:innen reduzieren.
  7. Es wird ein halbjährlicher Monitoring-Bericht zur sozialen Dimension der Wärmewende eingeführt, der die Wirksamkeit der Maßnahmen evaluiert und bei Bedarf Anpassungen vorschlägt.
  8. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bei Bund und Land für weitere Förderprogramme zur sozialen Abfederung der Energiewende zu werben und entsprechende Anträge zu stellen.
  9. Die MVV wird verpflichtet, einen Sonderfonds für diejenigen Hauseigentümer:innen einzurichten, die nachweislich innerhalb des letzten Jahres von der MVV zum Einbau einer neuen Gasheizung beraten wurden, obwohl die Stilllegung des Gasnetzes bis 2035 bereits in Planung war. Dieser Fonds soll die vorzeitigen Umrüstungskosten für diese Kund:innen übernehmen oder substanziell bezuschussen. Die MVV hat ein transparentes Verfahren zur Nachweisführung und Antragsstellung zu entwickeln und dem Gemeinderat vorzulegen.

Die Finanzierung der Maßnahmen soll durch Umschichtungen im Klimaschutzbudget der Stadt, Mittel aus dem kommunalen Haushalt sowie durch die Akquise von Drittmitteln sichergestellt werden. Der unter Punkt 9 genannte Sonderfonds ist durch die MVV zu finanzieren.

 

Sachverhalt:

Die MVV hat angekündigt, das Gasnetz in Mannheim bis 2035 stillzulegen. Dieser wichtige und zukunftsweisende Schritt zur klimaneutralen Wärmeversorgung in Mannheim ist ein entscheidender Beitrag zur Erreichung der kommunalen Klimaziele und zur nachhaltigen Entwicklung unserer Stadt.

Eine Umstellung auf erneuerbare Heizsysteme ist für Hauseigentümer:innen allein schon deshalb geboten, weil sie eine verpasste oder verzögerte Energiewende teuer zu stehen käme. Gründe dafür sind die in Zukunft steigenden CO2-Preise für fossile Energieträger, sowie steigende Netzentgelte.

Die Umstellung auf erneuerbare Energien und klimaneutrale Heizsysteme ist also unerlässlich, führt jedoch bei vielen Hauseigentümer:innen zu erheblichen finanziellen Belastungen. Insbesondere für einkommensschwache Haushalte, Rentner:innen mit begrenzten finanziellen Mitteln und andere vulnerable Gruppen können die notwendigen Investitionen in neue Heizsysteme und energetische Sanierungsmaßnahmen eine existenzielle Herausforderung darstellen.

Der soziale Zusammenhalt in unserer Stadt gebietet es, dass die Energiewende für alle Bürger:innen bewältigbar bleibt und niemand durch die Transformation überfordert wird. Nur mit entsprechenden sozialen Abfederungsmaßnahmen kann die notwendige breite Akzeptanz für die Stilllegung des Gasnetzes bis 2035 gesichert werden.

Obwohl der Abschied von fossilen Energieträgern in Mannheim schon länger abzusehen  war, haben sich in den Jahren 2023 und 2024 mehr als 1.500 Menschen in Mannheim eine neue Gasheizung einbauen lassen. Dieser Umstand ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die MVV bis vor kurzem eine Umrüstung von Gasheizungen auf Wasserstoff für wahrscheinlich hielt und diese Option kommunizierte. Mit der nun angekündigten Stilllegung des Gasnetzes bis 2035 hat sich die MVV jedoch von dieser Strategie abgewendet, was viele Hauseigentümer:innen, die im Vertrauen auf die Zukunftsfähigkeit ihrer neuen Gasheizungen investiert haben, in eine schwierige Situation bringt.

 

Begründung:

Die Klimakrise erfordert entschlossenes Handeln. Die angekündigte Stilllegung des Gasnetzes bis 2035 ist dabei ein wichtiger Baustein, den wir ausdrücklich unterstützen. Damit diese Transformation gelingt und breite gesellschaftliche Akzeptanz findet, müssen wir sicherstellen, dass sie sozial gerecht gestaltet wird.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen stellen sicher, dass die notwendige Umstellung auf klimaneutrale Heizsysteme für alle Mannheimer:innen bewältigbar bleibt und niemand durch die Kosten der Energiewende in existenzielle Nöte gerät. Zugleich wird durch die gezielte Unterstützung eine beschleunigte Umsetzung der Wärmewende ermöglicht, was wiederum den Klimaschutzzielen der Stadt zugutekommt.

Die rechtzeitige Umstellung auf erneuerbare Energien ist nicht nur aus klimapolitischen Gründen geboten, sondern auch aus wirtschaftlicher Sicht für Hauseigentümer:innen vorteilhaft. Eine verpasste oder verzögerte Energiewende wird für die Betroffenen langfristig deutlich teurer. Mit steigenden CO2-Preisen werden fossile Energieträger wie Gas in den kommenden Jahren kontinuierlich kostspieliger. Zudem drohen bei ausbleibenden Investitionen in klimaneutrale Heizsysteme Wertverluste der Immobilien sowie höhere Sanierungskosten durch kurzfristig notwendig werdende Umrüstungen. Die vorgeschlagenen Unterstützungsmaßnahmen helfen daher nicht nur, die unmittelbaren finanziellen Belastungen abzufedern, sondern bewahren Hauseigentümer:innen auch vor langfristig höheren Kosten durch eine verpasste Energiewende.

Eine sozial gerechte Ausgestaltung der Wärmewende liegt im Interesse der gesamten Stadtgesellschaft und stärkt den sozialen Zusammenhalt in Mannheim.