Zur Ablehnung des Nachtragshaushalts

Wortmeldung der Fraktionsvorsitzenden Nalan Erol zum Nachtragshaushalt der Stadt Mannheim für 2025/2026 in der Sitzung des Gemeinderates am 21.10.2025 (TOP 1):

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Fraktion LTK wird dem vorliegenden Nachtragshaushalt nicht zustimmen. Lassen Sie mich im Folgenden unsere Gründe dafür darlegen.

1. Zur finanziellen Ausgangslage

Die Stadt Mannheim befindet sich zweifellos in einer ernsten finanziellen Krise. Die Ursachen sind vielfältig: deutlich niedrigere Gewerbesteuereinnahmen als prognostiziert, steigende Baukosten, Defizitausgleiche für das Uniklinikum in Höhe von über 100 Millionen Euro in den vergangenen Jahren sowie zunehmende Aufgaben von Bund und Land, die unzureichend gegenfinanziert werden.

Mannheim hat in den vergangenen Jahren aber nicht über seine Verhältnisse gelebt. Es wurden notwendige Investitionen getätigt: für Kinderbetreuung, den Ausbau von Kitas und Schulen, die Sanierung des Nationaltheaters – auch wenn hier bei den Ersatzspielstätten auf günstigere Lösungen hätte gesetzt werden können – sowie Unterstützung für Kultur und Soziales. Doch gerade bei Infrastruktur und Klimaschutz ist viel zu wenig passiert, wie der seit Jahren unterfinanzierte Eigenbetrieb Stadtraumservice deutlich macht.

Die Kommunen in Deutschland sind chronisch unterfinanziert. Dieses Jahr erleiden sie ein Rekorddefizit. Während der Bund es nicht schafft oder sich nicht traut, die seit Jahren steigenden Vermögen stärker zu besteuern, müssen Kommunen bei Leistungen für die Bevölkerung sparen. Das führt dann zu Maßnahmen wie der Streichung des monatlichen 105-Euro-Zuschusses pro Kita-Kind und angekündigten Erhöhungen bei Kinderbetreuung und Mittagsverpflegung.

2. Was wir begrüßen

Wir begrüßen ausdrücklich die nun eingeplante Erhöhung der Nebenwohnsitzsteuer und Beherbergungssteuer. Dass allein zur Erreichung des bisherigen Haushaltsansatzes eine Erhöhung der Beherbergungssteuer notwendig ist, haben wir schon letztes Jahr gesagt. Allerdings können wir nicht nachvollziehen, dass angesichts der dramatischen Haushaltslage im kommenden Jahr noch auf 500.000 € Mehreinnahmen durch die Beherbergungssteuer verzichtet wird und diese nicht schon ab 2026 auf 5 % erhöht wird.

3. Verfahrenskritik

Wir sind uns bewusst, dass die Liquidität der Stadt sichergestellt werden muss. Wir wollen wie alle anderen Fraktionen nicht, dass das Regierungspräsidium über unseren Haushalt bestimmt. Auch ist uns klar, dass wir einen genehmigungsfähigen Haushalt brauchen, um den 205-Millionen-Euro-Kredit als letzten großen Beitrag für das Uniklinikum aufnehmen zu können.

Dennoch sehen wir das Vorgehen der Verwaltung und die kurzen Vorläufe, in denen der Unterausschuss und die Fraktionen die Vorlagen vorgelegt bekommen haben und beschließen sollten, als äußerst kritisch. Die Zeit für Beratungen und um weitere Einsparvorschläge ausfindig zu machen war dabei viel zu knapp. So bleiben mögliche Einsparpotenziale ungeprüft und ungehoben.

Zudem ist die Verwaltung nicht ausreichend auf die Vorschläge der Fraktionen eingegangen. Auch, wenn nun Antworten vorliegen – ob zukünftig eine Umsetzung erfolgt, ist weitgehend offen.

Außerdem mussten wir feststellen, dass die Tatsachen vor Ort oft anders aussehen, als in den Beratungen im Unterausschuss dargestellt wird. Ich verweise hier beispielhaft auf das SBBZ mit Förderschwerpunkt Sehen an der Albrecht-Dürer-Schule, von dem ich mir vor einigen Tagen selbst ein Bild machen konnte. Anders als von der Verwaltung behauptet, können die Schüler:innen nach einer Schließung nicht einfach andernorts in gleichem Maße gefördert werden. Ob diese Diskrepanz aus Zeitdruck oder aus Willkür resultiert, bleibt an der Stelle dahingestellt.

4. Inhaltliche Kritik und Forderungen

Die falsche Lastenverteilung
Die pauschalen Einsparvorgaben von 5 Prozent je Dezernat führen zu gravierenden Missständen – besonders in Dezernat V, in dem die Eigenbetriebe bereits jahrelang unterfinanziert waren, bevor die Einsparauflagen des Regierungspräsidiums kamen. Eine Gleichverteilung der Lasten ist in dem Sinne einfach nicht zielführend.

Klimafonds: Eine Investition in die Zukunft wird geopfert
Mit der Kürzung des Klimafonds von ursprünglich 10 auf nur noch 3 Millionen Euro steht insbesondere die Klimaschutzagentur vor dem Aus. Die Agentur verwaltet derzeit allein 2 Millionen Euro aus diesem Topf. Die drohenden Konsequenzen: Verlust von Fachwissen durch Personalabbau, Wegfall von Fördermöglichkeiten, Gefährdung von EU-Mitteln für den One-Stop-Shop. Mannheim riskiert damit aber nicht nur seine Vorreiterrolle bei der Wärmewende und die Umsetzung des Klimaschutzaktionsplans bis 2030 wird damit unmöglich. Auch ökonomisch bedeutet dies für die Stadt den Verzicht auf erhebliche Investitionen durch lokale Betriebe und private Hebelwirkungen, die Arbeitsplätze schaffen und Gewerbesteuer generieren.

Stadtraumservice: Der Kollaps ist vorprogrammiert
Die chronische Unterfinanzierung des Stadtraumservice verschärft sich kontinuierlich. Die maroden Brücken überfordern den Eigenbetrieb vollständig. Die Fixierung auf autogerechte Infrastruktur blockiert bereits heute den Großteil der geplanten Klimaanpassungsmaßnahmen.
Weitere pauschale Kürzungen verschlimmern diese Situation nur ins Unermessliche. Man muss sich inzwischen fragen: Werden morgen vielleicht keine Müllfahrzeuge mehr fahren?

Stadtparks: Keine Luxusgüter, sondern Lebensgrundlage
Wir dürfen nicht zulassen, dass die Stadtparks – entgegen früherer Gemeinderatsbeschlüsse – in die Insolvenz getrieben werden. Diese Grünflächen sind elementare Infrastruktur für Gesundheit, Klimaanpassung und Lebensqualität aller Bürgerinnen und Bürger, kein verzichtbarer Luxus.

Sparen auf Kosten kommender Generationen
Die wissenschaftliche Erkenntnis ist klar: Handeln müssen wir jetzt. Jedes weitere Jahr des Zauderns verteuert die Klimakrise und verschärft ihre Folgen. Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz, Bildung und Gesundheit, die wir heute nicht tätigen, werden uns morgen deutlich teurer zu stehen kommen. Der Sanierungsstau wächst, die Kosten explodieren. Wir können nicht darauf hoffen, dass die Zukunft von selbst besser wird. Daher werden weitere Kreditermächtigungen für große Investitionen – wie die Neue Mitte des Uniklinikums – unausweichlich sein. Der Bund und auch das Land und das Regierungspräsidium müssen begreifen: Eine Kommune kann man nicht kaputtsparen. Das gefährdet den sozialen Frieden und den Zusammenhalt in der Stadt.

Die Frage der Prioritäten
Anstatt zukunftsweisende Investitionen pauschal zu kürzen, müssen wir endlich klimaschädliche Subventionen auf den Prüfstand stellen. Ein zukunftsgerichtetes Mannheim kann es sich nicht mehr leisten, finanzielle Mittel an überkommene, fossile Infrastrukturen zu verschenken!

Konkrete Forderungen
Bei der Hundesteuer bitten wir um Unterstützung für unseren Antrag A377/2025 zur Einführung einer neuen Kategorie für Adoptionshunde mit 50 Prozent Ermäßigung. Sie wäre ein angemessener Beitrag zur Unterstützung des Tierschutzes.

5. Zusammenfassung und Fazit

Einige Maßnahmen zur Strukturreform und Ausgabenkritik sind sicherlich sinnvoll. Dennoch finden wir viele der vorgesehenen Maßnahmen und Streichungen bedenklich. Die Auswirkungen dieser Einsparmaßnahmen werden gravierend sein. Die Lastenverteilung ist ungerecht, die Prioritäten sind falsch gesetzt.

Wir fordern eine Verschiebung der Lastenverteilung. Wir fordern einen Nachtragshaushalt, der die Zukunft Mannheims nicht opfert, sondern sichert. Einen Haushalt, der Klimaschutz, Bildung, soziale Teilhabe und die grüne Infrastruktur unserer Stadt schützt, statt sie dem Rotstift zu opfern. Nur so hat Mannheim eine Zukunft für alle.

Aus diesen Gründen wird die Fraktion LTK dem Nachtragshaushalt nicht zustimmen.

Vielen Dank!