Etatrede zum Haushalt 2022 von Dennis Ulas

Solidarisch aus der Corona-Krise – sozial und ökologisch in die Zukunft!

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin und Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Mannheimer*innen,
liebe Kolleg*innen,

hinter uns liegen fast zwei Jahre Corona-Pandemie, die unseren Alltag bis ins Tiefste beeinflusst und beeinträchtigt haben. Zwei Jahre, deren tiefgreifende Auswirkungen uns noch längere Zeit begleiten werden. Es war eine Zeit, die insbesondere in den Städten deutlich gezeigt hat, wie gelebte Solidarität vor Ort und in Nachbarschaften funktionieren kann. Sie hat aber auch Missstände aufgezeigt, die es in dieser Stadt und Gesellschaft bereits zuvor gab und die durch Corona deutlicher zu Tage getreten sind. Dazu gehören ein unzureichend finanziertes Gesundheitswesen und die mangelhafte Digitalisierung im Bildungssystem. Und während einige Menschen sich in der Pandemie vor Arbeit kaum retten konnten und das bei meistens schlechter Bezahlung, konnten einige andere Menschen von einem Tag auf den nächsten ihrer Beschäftigung über Wochen oder Monate hinweg nicht mehr nachgehen und waren bzw. sind noch immer in ihrer Existenz bedroht. Die Folge ist zusätzliche psychische Belastung auf der einen, Einnahmeausfälle und Jobverlust auf der anderen Seite. Gleichzeitig sind für die Privathaushalte die Ausgaben gleich geblieben oder sogar gestiegen – man denke hier an die Mieten oder aktuell auch an die Energiepreise. Das alles schlägt sich in der Stadtgesellschaft nieder und wird durch den aktuellen Sozialatlas verdeutlicht.

Während die einen zu wenig haben, steigt der Reichtum auf der anderen Seite: Die soziale Ungleichheit ist deutlich größer geworden. Gegen diese bestehende und drohende Armut müssen wir auch auf kommunaler Ebene ankämpfen. Zusätzliche Investitionen wären notwendig, doch die städtischen Finanzen sind durch Corona ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Stadt ist aktuell an der Grenze dessen, was sie finanziell und personell leisten kann, obwohl noch so viel mehr zu tun wäre. Insgesamt freuen wir uns aber, dass die Stadt keine Kürzungen und Streichungen vornimmt, sondern den Haushalt in seinem Gesamtvolumen trotz Mindereinnahmen und Mehraufwendungen fortschreibt. Die große Zahl an Projekten mit einer entsprechend hohen Investitionssumme muss aber auch abgearbeitet werden. Hier muss zusätzliches Personal bereitgestellt werden, denn je länger wir Projekte nach hinten schieben, desto teurer werden sie.

Wir sehen hier die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP in der Pflicht, Kommunen besser finanziell zu unterstützen, sowohl bei den Corona-bedingten langfristigen Zusatzausgaben als auch bei Zukunftsinvestitionen in Bildung, Wohnen und Klimaschutz. Das Festhalten an der Schwarzen Null und am Netto-Neuverschuldungsverbot mag dieses Mal für den Haushalt noch funktionieren, da auf die kommunale Rücklage zurückgegriffen wird. Doch angesichts der weiter anstehenden notwendigen Investitionen und laufender Ausgaben ist das mittel- bis langfristig nicht vertretbar. Nicht Schulden, sondern aufgrund der Ideologie der Schwarzen Null unterbliebene Investitionen werden die größte Belastung für die nachfolgende Generation sein.

Armut in der Stadt bekämpfen!

Die Armut in unserer Stadt hat während der letzten beiden Jahre zugenommen und ist vielfältiger geworden. Die soziale Ungleichheit zwischen den Stadtteilen nimmt zu, die bisherigen Erfolge der sozialen Stabilisierung und der Armutsbekämpfung wurden durch Corona und die Folgen der Pandemie zunichte gemacht. Während bis 2019 die Zahl der Transferleistungsempfänger*innen in den Sozialräumen IV und V sank, ist sie seit der Corona-Pandemie wieder angestiegen, ein weiterer Anstieg wird erwartet.

Die Unterschiede bei den Transferleistungsempfänger*innen zwischen den einzelnen Stadt-teilen haben zugenommen. Von sozialer Durchmischung kann also in vielen Stadtgebieten keine Rede sein: Auf der einen Seite haben wir stark betroffene Stadtteile wie Hochstätt oder Schönau, auf der anderen Seite Wohlstandsinseln wie Wallstadt oder Neuostheim.

Die Stadt hat es sich zum Ziel gesetzt, gesellschaftliche Teilhabe für von Armut betroffene Menschen zu gewährleisten. Dazu gehört auch das Thema Mobilität, weshalb wir nach wie vor unsere Forderung nach einem Monats-Sozialticket aufrechterhalten. Wir fordern eine der Preisentwicklung angepasste Mietkostenübernahme durch das Jobcenter sowie die Durchführung einer Veranstaltungsreihe zum Thema Armut mit betroffenen Menschen, die in einer Armutskonferenz gipfeln muss. Aber auch die Sicherstellung und auskömmliche Finanzierung von sozialen Beratungsstellen und Unterstützungsleistungen muss mindestens auf dem aktuellen Niveau gesichert sein und teilweise ausgeweitet werden, da die Bedarfe vor allem durch Corona weiter zugenommen haben.

Offene Stadt für alle!

Mannheim ist eine Stadt mit langer Zuwanderungsgeschichte. Auch heute noch prägt die Zuwanderung aus vielen Teilen Europas und der Welt die Stadt. Die Anstrengungen zur Integration und Teilhabe dieser Menschen begrüßen und unterstützen wir. Seit etwa zweieinhalb Jahren ist Mannheim Sicherer Hafen für Geflüchtete: Wir erwarten daher von der Stadt ein großes Maß an Aktivität und dass sie alle Optionen ausschöpft, um sich für die Aufnahme von Geflüchteten einzusetzen.

Hinzugekommen ist im Sommer dieses Jahres die Erklärung Mannheims zum Freiheitsraum für LGBTIQ-Personen. Wir erwarten nun, dass dieser Freiheitsraum auch erlebbar gemacht wird. Zahlreiche Gruppen leisten hierfür bereits einen guten Beitrag. Wir beantragen aber als weitere Maßnahme die Einrichtung eines queeren Jugendtreffs, da diese Gruppe Jugendlicher besonders unter den Pandemie-Auswirkungen gelitten hat.

Frauen waren während des Lockdowns einer größeren Gefahr und Gewalt ausgesetzt. Daher müssen Frauenhäuser und Anlaufstellen für Frauen gesichert bleiben.

Aber auch alte Menschen brauchen Räume für Begegnung, um sie vor Vereinsamung zu schützen. Denn auch sie haben stark unter der Isolierung während Corona gelitten. Wir halten daher an unserer Forderung fest, Seniorentreffs weiterzuentwickeln und auszuweiten. Wir begrüßen die bisherigen Fortschritte der Stadt und auch ausdrücklich die Übernahme der APH durch die GBG, um der zunehmend älter werdenden Bevölkerung gute Betreuung und gutes Wohnen im Alter zu erschwinglichen Kosten anbieten zu können.

Gesundheitsschutz nicht auf Corona beschränken!

Das Personal im Gesundheitsamt sowie an den Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen hat in den letzten fast zwei Jahren unglaublich viel Arbeit geleistet. Dank der dezentralen Impfungen mit den mobilen Impfteams konnten deutlich mehr Menschen einen vollständigen Impfschutz gegen Covid-19 erhalten als ohne ein so weitreichendes Engagement der Stadt. Diese Strategie muss auch 2022 fortgeführt werden.

Doch Gesundheit darf nicht nur auf Corona reduziert werden. Eine nach wie vor nicht zu unterschätzende Gefahr ist HIV. Wir erwarten von der Stadt, die Vorbereitung zum Beitritt zur Fast-Track-Cities-Initiative zur Beendigung von AIDS voranzutreiben.

Aber auch die medizinische Alltagsversorgung muss verbessert werden. Trotz hoher Ärzteversorgung in Mannheim als Gesamtstadt sind die Praxen sehr ungleich verteilt. Vor allem in Stadtteilen der Sozialräume IV und V ist die Versorgung schwach. Wir fordern daher die Erarbeitung eines gesundheitlichen Konzepts mit kinderärztlicher Versorgung und Familienhebammen in sozial benachteiligten Stadtteilen. Konkret fordern wir eine Vollzeitstelle für eine Familienhebamme. Perspektivisch streben wir die Etablierung von Stadtteilpraxen mit jeweils einer vollständigen Palette an medizinischen Angeboten an.

Eine ebenfalls wichtige Alltagsversorgung, die sehr viele Menschen betrifft, sind Menstruationsartikel. Wir schlagen das Aufstellen von Automaten mit kostenlosen Tampons und Binden an Schulen, in öffentlichen Gebäuden und Frauenhäusern vor. Denn nicht alle können sich diese ohne weiteres leisten, niemand der Betroffenen kann aber darauf verzichten.

Das Universitätsklinikum ist unverzichtbar für die Gesundheitsversorgung der Stadt und stellt dennoch derzeit ein großes Kostenrisiko dar. Klar ist, dass wir als Stadt auch weiterhin das Universitätsklinikum stützen müssen. Wir erwarten vom Land aber auch eine schnellere Klärung hinsichtlich der Übernahme und Fusion, um den kommunalen Haushalt langfristig zu entlasten.

Bildungsgerechtigkeit: Niemanden zurücklassen!

Die lange Zeit der geschlossenen Schulen oder des hybriden Unterrichts werden bei den Kindern und Jugendlichen nicht spurlos bleiben. Lerndefizite vor allem bei Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Haushalten können nicht einfach so im regulären Schulalltag aufgeholt werden. Hierfür ist eine Strategie notwendig, um mittels zusätzlicher und bedarfsorientierter Angebote die Lernrückstände vollständig abzubauen. Dass die Stadt hier entsprechende Mittel zur Verfügung stellt, begrüßen wir sehr, erwarten jedoch die vom Land angekündigten flächendeckenden Angebote. Auch die Bereitstellung von Mitteln für die Beschaffung von Luftfilteranlagen ist ein gutes Zeichen. Denn es darf nicht noch einmal zu solch langanhaltenden Schulschließungen kommen. Deshalb müssen am Ende wirklich alle Unterrichtsräume mit den Anlagen ausgestattet werden, bei denen ein Bedarf besteht.

Ebenfalls begrüßen wir die Bestrebung, eine neue Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe im Mannheimer Süden einzurichten. Das kommt unserer jahrelangen Forderung einer weiteren Gesamtschule im Mannheimer Süden nach Vorbild der IGMH sehr entgegen.

Die Aufstockung der Schulsozialarbeit und die Sanierung der Schulen gehen voran, bei der Ganztagsbetreuung und Digitalisierung ist allerdings noch mehr Tempo erforderlich. Es ist eigentlich nicht hinnehmbar, dass es noch Jahre dauern wird, bis wirklich alle Mannheimer Schulen mit schnellem Internet und digitalen Lernmitteln ausgestattet sind. Die geringe Barrierefreiheit an den Schulen ist ein deutlicher Beleg jahrzehntelanger Versäumnisse. Hier sehen wir das Land und die Stadt gleichermaßen in der Pflicht, gleiche Teilhabe für alle Menschen mit oder ohne Einschränkungen zu garantieren.

Mannheim wächst und auch die Zahl der Kinder steigt. Hinzu kommt der gesetzliche Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung. Wir müssen also noch große Anstrengungen unternehmen, flächendeckend Kita-Plätze einzurichten. Betreuungseinrichtungen freier Träger müssen bezahlbar für alle Eltern sein. Wir sehen das Land in der Pflicht, landesweit die Kita-Gebühren abzuschaffen und die dadurch entstehenden kommunalen Aufwendungen zu übernehmen.

1,5 °C-Ziel auf kommunaler Ebene unterstützen: Energie- und Verkehrswende umsetzen!

Vor wenigen Tagen endete die UN-Klimakonferenz in Glasgow, die verdeutlicht hat: Auch wir als Stadt müssen unseren Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.

Als wichtigste Aufgabe sehen wir die Energiewende vor Ort: Der Ausbau von Windenergie und Photovoltaik für die Stromerzeugung sowie von weiteren regenerativen Energieformen für die Fernwärmeversorgung müssen in den kommenden Jahren auf den Weg gebracht werden. Damit das Großkraftwerk spätestens 2030 vom Netz gehen kann, müssen bis dahin ausreichend Alternativen geschaffen werden. Klar ist jedoch, dass der Kohleausstieg nicht auf dem Rücken der Beschäftigten erfolgen darf. Wir erwarten daher vom GKM und dessen Anteilseignern MVV, EnBW und RWE ein Konzept, das den Beschäftigten eine Perspektive auf Umschulung, Weiterbildung und gute Weiterbeschäftigung in Mannheim oder der Region bietet. Mit der Ankündigung, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, werden wir die GKM-Geschäftsleitung beim Wort nehmen.

Dass Mannheim Pilotstadt für den Local Green Deal ist, begrüßen wir und erwarten in den kommenden Jahren konkrete weitere Schritte in Richtung Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung. Ebenso warten wir gespannt auf den Klimaschutzaktionsplan, der mit einer breiten Beteiligung durchgeführt wird und 2022 beschlossen werden soll. Klimaschutzmaßnahmen müssen eine zunehmend höhere Priorität im kommunalen Haushalt aufweisen. Dabei darf der soziale Aspekt aber auf keinen Fall vernachlässigt werden. Klimaschutz muss sozial gestaltet sein!

Einen bedeutenden Beitrag zum Thema Klimaschutz muss auch der Verkehrssektor liefern. Mit fast 155.000 Privat-Pkw hat Mannheim Ende 2020 einen Spitzenwert bei Pkws erreicht, trotz bereits langjähriger Diskussion um die Verkehrswende. Das bedeutet, dass für viele das private Auto noch immer die günstigste oder bequemste Art der Fortbewegung ist, für viele andere vielleicht sogar noch immer die einzige Option. Der Ausbau der Alternativen – Radverkehr und ÖPNV – muss also noch schneller vorangehen als bisher. Vor allem beim Radverkehr gehen Fortschritte nicht immer so schnell, wie es die Bürger*innen erwarten. Hier muss die Stadt prüfen, wie Maßnahmen im Verkehrsbereich beschleunigt werden können, vor allem für sicherere Radwege sowie ein zusammenhängendes, attraktives und verständliches Radroutennetz.

Der ÖPNV als weiteres wichtiges Standbein der Verkehrswende muss ebenfalls ausgebaut werden. Der Umbau der Haltestelle am Hauptbahnhof steht 2022 an, weitere Maßnahmen des RNV-Schienennetzes sind angestoßen worden. Doch auch das wird nicht ausreichen: Bus- und Bahnfahren muss attraktiver werden durch bessere Erschließung, engere Taktung, komfortablere Fahrtmöglichkeiten und gesicherte Umstiege. Eine weitere Vernetzung mit dem Umland ist notwendig, wenn wir die zahlreichen Einpendler vom Auto wegbringen wollen. Auch die stärkere Einbindung der S-Bahn als Teil des städtischen ÖPNV ist hierfür notwendig.

2022 wird das Kurzstreckenticket in Mannheim eingeführt, was DIE LINKE im Gemeinderat schon vor einigen Jahren gefordert hat. Denn der ÖPNV muss günstiger werden, um die Menschen zum Umsteigen zu bewegen. Unser Ziel ist der ÖPNV zum Nulltarif. Mittelfristig wird eine andere Art der Finanzierung notwendig sein, um beides zu erreichen: Mehr ÖPNV ohne Ticketvertrieb. Dazu müssen neue Ideen und Konzepte zur Generierung notwendiger Finanzierungsmöglichkeiten entwickelt werden, natürlich in einer sozial gerechten Ausgestaltung.

Wir fordern den Start des Verkehrsversuchs Innenstadt im Frühjahr 2022, unabhängig von der Situation am Fahrlachtunnel. Zudem fordern wir eine rasche Neuordnung des Gehwegparkens, um mehr Platz und Sicherheit für Fußgänger*innen herzustellen. Gehwege sind keine Parkplätze und dürfen nur dann genutzt werden, wenn ausreichend Platz besteht und dies ausdrücklich erlaubt ist. Da die Anwohner*innen aber nichts dafür können, dass die Stadt dieses Thema jahrelang vor sich hergeschoben hat, dürfen diese nicht dafür büßen. Bei ausreichendem Platz muss das Gehwegparken vorübergehend noch geduldet werden.

Mehr Platz auf den Gehwegen und Straßen kann auch durch eine Ausweitung und Anpassen des Anwohnerparkens erfolgen. Wir halten die flächendeckende Einführung des Anwohnerparkens sowie eine gerechtere Gebührengestaltung für sinnvoll, die einerseits die realen Kosten des Parkplatzes, aber auch Fahrzeuggröße und wirtschaftliche Situation des jeweiligen Haushalts berücksichtigt.

Natur und Freiräume in der Stadt ausweiten!

Die Corona-Pandemie hat die Wahrnehmung und Nutzung des öffentlichen Raums spürbar ansteigen lassen. Viele Menschen in Mannheim leben in beengten Verhältnissen oder haben eine kleine Wohnung ohne Balkon und Garten, weshalb sie auf einen attraktiven Freiraum angewiesen sind. Gute Gründe, Mensch und Natur wieder mehr Platz in der Stadt zu geben. Auch die aktuelle Stadtklimaanalyse zeigt auf, dass mehr Flächen in der Stadt entsiegelt und begrünt werden müssen, um die zunehmenden Hitzetage in Mannheim erträglicher zu machen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Schaffung des Grünzugs Nordost auf militärischem Konversionsgelände und freuen uns über die Ausrichtung der BUGA 2023. Für die Innenstadtbezirke werden wir aber um großflächige Fassaden- und Bodenbegrünungen nicht herumkommen. Die Stadt der Zukunft muss eine begrünte, emissionsarme Stadt mit hoher Aufenthaltsqualität selbst an heißen Sommertagen in allen Stadtteilen sein. Letztendlich ist die Aufwertung und Ausweitung öffentlicher Plätze und wohnortnaher Grünflächen wichtiger denn je.

Nicht nur Mensch und Umwelt, auch Tierschutz und Tierwohl verdienen mehr Beachtung. Wir werden uns weiterhin für ihre Interessen einsetzen und fordern in diesem Zusammenhang als vordringlichstes Ziel endlich die Verabschiedung der Katzenschutzverordnung. An den Vogelstangseen muss ein besserer Schutz der Brut- und Rückzugsgebiete der dort ansässigen vielfältigen Vogelarten sichergestellt werden, ohne den Seen ihren Charakter als wichtiges Naherholungsgebiet für die angrenzenden Stadtteile zu nehmen.

Wohnungsmarkt regulieren – preiswerten Wohnraum sichern und schaffen!

Die Mietpreise steigen weiter an, was auch dem aktuellen Mietspiegel zu entnehmen ist. Daran dürfte auch die seit eineinhalb Jahren in Mannheim geltende Mietpreisbremse leider wenig geändert haben, die vielen Menschen nach wie vor nicht bekannt ist. Die Lage am Mannheimer Wohnungsmarkt hat sich trotz Neubauten nicht entspannt – im Gegenteil. Durch die neue städtische Grundstücksstrategie und den Bodenfonds sind wichtige Voraussetzungen geschaffen worden, Grundstücke dem freien Markt und somit auch der Spekulation zu entziehen. Es reicht aber nicht, den Bodenfonds über den Verkauf kleiner kommunaler Grundstücke zu speisen. Es braucht Mittel aus dem kommunalen Haushalt, um ihn zu einem wirklich wirksamen Instrument der Wohnungspolitik zu machen. Die Stadt muss also Grundstückserwerb und Wohnungsbau als weiteren Investitionsbaustein im folgenden Haushalt abbilden.

Eine Kapitalstärkung der GBG wäre ebenfalls notwendig, um die GBG besser in die Lage zu versetzen, mehr Bestandsgebäude zu erwerben und zu sanieren oder preiswerten Wohnraum neu zu schaffen. Insbesondere in der Neckarstadt-West erwarten wir von GBG und Stadt ein noch stärkeres Engagement als bisher. Die Stadt muss von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen, um effektiv in den Wohnungsmarkt eingreifen und günstige Mieten sichern zu können. Die Stadtentwicklung darf nicht Privatinvestoren übertragen werden. Abwendungsvereinbarungen sind in diesem Zusammenhang kein effektives Mittel, um unerwünschte Preissteigerungen zu verhindern. Das funktioniert nur mit klarer Gemeinwohlorientierung statt Profitinteressen.

Wir brauchen in Mannheim auch eine Offensive für preisgebundene Sozialwohnungen, von denen noch immer mehr aus der Bindung herausfallen als neue errichtet werden. Deshalb müssen neue Sozialwohnungen langfristig als solche gesichert werden.

Auch gemeinschaftliche Wohnprojekte und gemeinwohlorientierte Bauträger müssen stärker unterstützt werden. Mit der bevorzugten Grundstücksvergabe ist ein guter Anfang gemacht, aber gerade die Wohnprojekte brauchen noch mehr Unterstützung, um ihrer Rolle als soziale Alternative zum herkömmlichen Wohnungsmarkt in größerem Umfang gerecht werden zu können.

Vom Runden Tisch Wohnen erwarten wir Vorschläge zur Überarbeitung des 12-Punkte-Programms und zu weiterführenden Maßnahmen zur Schaffung und Sicherung bezahlbarer Wohnungen in der Stadt.

Schließlich dürfen auch die notwendigen energetischen Sanierungen sowie Dach-, Fassaden- und Innenhofbegrünung nicht zu weiter steigenden Mietpreisen führen, sondern müssen über Fördermittel abgefedert werden.

Kultur wiederaufleben lassen!

Mannheim hat ein breites kulturelles Angebot, das weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlt. Das gilt es zu sichern und zu unterstützen: Beschäftigte im Kultur- und Freizeitbereich haben mit am stärksten finanziell unter den Corona-Auswirkungen gelitten und tun es immer noch. Die Schließung oder das Aufgeben kultureller Institutionen wegen der Corona-Pandemie wären ein herber Verlust für unsere Stadt. Die finanzielle Unterstützung seitens der Stadt muss also weiterhin gesichert sein. Um eine Aufstockung und Ausweitung der institutionellen Förderung werden wir mittelfristig nicht herumkommen, wenn Mannheim weiterhin Kulturstadt bleiben soll.

Die Generalsanierung des Nationaltheaters mit der Schaffung von Ersatzspielstätten wird auf den Weg gebracht, was wir als Fraktion unterstützen. Bleibt nun abzuwarten, ob der Zeit- und Kostenrahmen eingehalten werden kann. Bei Mehrkosten müsste die Stadt sich um zusätzliche finanzielle Unterstützung bei Land und Bund einsetzen. Die freie Szene darf trotz der enormen Kosten für das Nationaltheater nicht ins Hintertreffen geraten und muss auch weiterhin gestützt werden, um die kulturelle Vielfalt zu erhalten.

Personal entlasten und stärken bei Stadt und freien Trägern!

Das städtische Personal war einer außergewöhnlichen Belastung während der Corona-Pandemie ausgesetzt. Zusätzliche Aufgaben würden in vielen Bereichen zu einer weiteren Arbeitsüberlastung führen. Wir sind uns daher bewusst, dass zusätzliche Aufgaben nur über zusätzliches Personal abgedeckt werden können – vom Gesundheitsschutz bis hin zur Überwachung des ruhenden Verkehrs. Auch Ehrenämter müssen besser entschädigt werden. So fordern wir die moderate Erhöhung der Aufwandsentschädigung für die Freiwillige Feuerwehr als absolut angebracht und auch als eine Würdigung ihrer Bedeutung für die Stadt. Bei Fort- und Weiterbildungen darf es keine Schlechterstellung zwischen Mitarbeitenden der Verwaltung und der Eigenbetriebe geben.

Aber auch die unzähligen Vereine, Initiativen und Einrichtungen, die in Auftrag der Stadtverwaltung oder in Eigeninitiative wichtige Aufgaben übernehmen, arbeiten häufig mit ihrer jeweiligen personellen Ausstattung am Limit. Beratungsstellen im sozialen und gesundheitlichen Bereich hatten einerseits Schwierigkeiten, während der Pandemie in Kontakt mit ihrer Klientel zu treten, und haben andererseits zusätzliche Aufgaben dazubekommen. Dieses professionelle Engagement, das teilweise kommunale Aufgaben übernimmt, muss auch angemessen ausfinanziert werden. Die weitere Institutionalisierung der Förderung und Dynamisierung von Personalkosten ist daher zwingend erforderlich. Hier erwarten wir trotz der schwierigen Haushaltssituation eine ausreichende Berücksichtigung bei den Etatverhandlungen, denn ein Wegbrechen dieser Leistungen aufgrund von Finanzierungslücken würde längerfristig sicherlich die Stadt noch teurer zu stehen kommen.

 

Danksagung

Die Fraktion LI.PAR.Tie. bedankt sich bei allen Beschäftigten der Stadtverwaltung, der Eigenbetriebe und der städtischen Unternehmen. Die letzten zwei Jahre waren besonders belastend. Dennoch haben sie alle tatkräftig zum weiteren Wohlergehen unserer Stadt beigetragen. Mein besonderer Dank gilt meiner Fraktion, vor allem für ihr Vertrauen mir gegenüber, unserem Team in der Geschäftsstelle – Katja Weber und Fraktionsgeschäftsführer Stephan Bordt – für die große Unterstützung sowie unserem Altstadtrat und meinem Vorgänger Thomas Trüper, der diese Fraktion zustande gebracht hat.