Die Fraktionsvorsitzende Nalan Erol gab zu TOP 1 der Sitzung des Gemeinderats Mannheim am 30.09.2025 folgende Stellungnahme zur Enthaltung bei der Abstimmung über den sogenannten Mannheimer Zukunftshaushalt ab:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
als Fraktion LTK können wir die Notlage und die schwierige Situation des Haushalts nachvollziehen. Auch wir möchten verhindern, dass das Regierungspräsidium unseren städtischen Haushalt unter Zwangsverwaltung stellt und wir unsere kommunale Selbstverwaltung dadurch enorm einschränken.
Die Vorlage beinhaltet größtenteils nachvollziehbare und sinnvolle Maßnahmen, um dauerhaft die Ausgaben zu senken oder die Einnahmen der Stadt zu erhöhen. Damit können wir prinzipiell mitgehen. Wir sind vor allem froh, dass für den Fortbestand der Stadtteilbibliothek Friedrichsfeld ein Kompromiss gefunden werden konnte, die Schulsozialarbeit weiter ausgebaut wird und der Weiterbetrieb des Jugendtreffs Feudenheim zumindest im nächsten Jahr noch gesichert ist, um in dieser Zeit ein Alternativkonzept zu erstellen.
Dennoch müssen wir das Verfahren und den Zeitdruck des aktuellen Verfahrens zum Nachtragshaushalt kritisieren. Die knappe Zeit zwischen Bereitstellung der Vorlagen seitens der Verwaltung und der notwendigen Beschlussfassung heute und am 21. Oktober reicht nicht, um die wichtigen Themen im Detail zu besprechen.
Es wäre sinnvoll gewesen, den Gemeinderat bereits vor der Sommerpause zumindest über den Zeitplan und die ersten Ideen für Sparmaßnahmen zu informieren. So wäre noch genug Zeit gewesen, über Alternativen zu diskutieren.
Die Vorschläge, die von uns gemacht wurden, wurden in der Änderungsvorlage leider nicht berücksichtigt. Wir fragen uns daher, wie geht es mit den Vorschlägen weiter? Werden sie noch behandelt?
Wir wissen nicht, was auf uns noch zukommt. Das erschwert uns das ganze nochmal.
Ebenfalls kritikwürdig ist, dass viele betroffene Beschäftigte offensichtlich gar nichts von den geplanten Sparmaßnahmen, die wir beschließen sollen, wussten. Sie haben erst aus der Presse oder durch die Pressekonferenz der Stadt erfahren, dass bereits ab nächstem Jahr ihre Stelle so nicht fortgeführt werden soll. Das ist kein akzeptables Vorgehen. Wir erwarten daher eine frühzeitigere Einbindung der Beschäftigten, wenn derartige Einschnitte vorgesehen sind, auch wenn letztendlich der Gemeinderat das alles beschließen muss.
Auch wenn wir vieles aus dieser Vorlage mittragen, haben wir bei einigen Punkten Bedenken. Die Kürzung der Zuschüsse für Amalie und die Streichung des Prostitutionsfonds könnten sich negativ auf betroffene Frauen auswirken. Auch die geplanten Erhöhungen von Eintrittsgeldern sehen wir kritisch.
Zentraler Punkt für uns sind jedoch die Kita- und Hort-Gebühren. Die Erhöhung der Kitagebühren, der Hortbetreuung und der Mittagsverpflegung ist eine hohe Belastung für Familien mit geringem und auch mittlerem Einkommen. Wenn jetzt noch die finanzielle Unterstützung der Kitagebühren von 105 Euro gestaffelt gekürzt werden, besteht die Gefahr, dass Familien – in dem Fall meistens die Frauen – ihre Jobs aufgeben werden und das Kind zuhause selber betreuen müssen. Die Bildungsgerechtigkeit und gleiche Bildungschancen dürfen nicht am Einkommen der Eltern scheitern.
An dieser Stelle würde ich gerne die Frage stellen: Gibt es denn keine Option, die Unterstützung der Kitagebühren von 105 Euro einkommensabhängig umzusetzen? Oder diesen Zuschuss zumindest noch für das letzte Kita-Jahr in voller Höhe beizubehalten?
Wir reden immer davon, dass die Kinder unsere Zukunft sind, aber an unserer Zukunft wollen wir sparen. Das ist für uns nicht zu verstehen.
Wenn wir dieser Vorlage folgen, entscheiden wir uns bewusst für das Sparen auf Kosten zukünftiger Generationen – und das können wir nicht verantworten.
Die drastische Kürzung des Klimafonds von ehemals 10 auf inzwischen nur noch 3 Millionen Euro jährlich macht es Mannheim unmöglich, seinen notwendigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Unsere selbstgesteckten Klimaziele rücken damit in unerreichbare Ferne. Dabei ist die Botschaft der Wissenschaft eindeutig: Wir müssen JETZT handeln, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Jedes Jahr des Zögerns macht die Klimakrise teurer und ihre Folgen dramatischer.
Gleichzeitig dürfen wir nicht hinnehmen, dass die Stadtparks – ein zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge in Mannheim – entgegen früherer Gemeinderatsbeschlüsse in die Insolvenz getrieben werden. Grünflächen sind keine Luxusgüter, sondern essenzielle Infrastruktur für Gesundheit, Klimaanpassung und Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger.
Statt pauschal bei zukunftsweisenden Investitionen den Rotstift anzusetzen, sollten wir endlich ALLE klimaschädlichen Investitionen kritisch hinterfragen: Warum überlassen wir dem Flughafen kostenfrei Flächen und gleichen seine Verluste Jahr für Jahr aus? Warum bleiben unsere Parkgebühren viel zu günstig und wir subventionieren damit den Autoverkehr? Und warum bauen wir neue Parkplätze wie am Kombibad Herzogenried, während wir gleichzeitig behaupten, Klimaschutz ernst zu nehmen?
Artenschutz und Hamster müssen geschützt werden. Verzicht, Vernachlässigung und Kürzungen im Tierschutz dürfen nicht passieren. Zwingend erforderlich sind Maßnahmen für Taubenschläge. Tierschutz darf nicht auf der Strecke bleiben. Echte Haushaltsdisziplin bedeutet, Prioritäten richtig zu setzen – für unsere Stadt und für kommende Generationen.
Aus diesen Gründen werden wir uns bei der Abstimmung enthalten.